Wer schon einmal nach einem neuen Job gesucht hat, kennt das Dilemma: Du liest eine vielversprechende Stellenanzeige, bist begeistert von den Aufgaben, dem Unternehmen, der Atmosphäre und den Fähigkeiten der Kaffeemaschine – aber das Gehalt wird dir (noch) nicht verraten. Warum ist das so? Wir gehen der Frage auf den Grund, warum viele Unternehmen immer noch so oft mit verdeckten Karten spielen – und welche Argumente dafür sprechen, das Gehalt bereits in der Stellenausschreibung anzugeben.
Als Recruiter befindest du dich auf der anderen Seite. Du bist in deinem Unternehmen für die Mitarbeiterakquise zuständig. Du willst von Anfang an Bewerbende für dein Unternehmen begeistern und musst in Zeiten des Fachkräftemangels kreative Wege finden, um auch mit geringem Budget die besten Talente für dein Unternehmen zu gewinnen.
Möglichkeiten, diese Ziele zu erreichen, gibt es viele. Wir werfen heute einen Blick auf die Stellenausschreibung: Die Aufgaben klingen spannend? – Prima. Eure Benefits sind alles andere als 08/15? – Sehr gut. Das Gehalt wird genannt? – Nein? – Moment mal. Warum denn nicht?
Exkurs: Entgelttransparenzgesetz
In Deutschland besteht auch im Jahr 2023 noch ein spürbarer Gender Pay Gap. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) verdienten Frauen im vergangenen Jahr pro Stunde 18 % weniger als Männer. Dieser Unterschied im Verdienst hat hauptsächlich zwei Gründe: Erstens arbeiten Frauen oft in Bereichen und Jobs, wo grundsätzlich schlechter bezahlt wird. Zweitens arbeiten Frauen öfter nur Teilzeit, was wiederum einen geringeren Bruttoverdienst zur Folge hat. Aber auch Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Aufgaben und Karrierelaufbahnen wie Männer verdienten im Schnitt immer noch 7 % weniger pro Stunde als ihre männlichen Kollegen.
Die Bundesregierung hat das Ziel, bis 2030 den unbereinigten Gender Pay Gap auf 10 % zu reduzieren. Ein 2017 eingeführtes Gesetz will dabei helfen. Am 6. Juli 2017 hat die Bundesregierung auf Initiative vom BFSFJ das sogenannte Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen – auch bekannt als Entgelttransparenzgesetz – beschlossen. Ziel war und ist es, die Transparenz bei der Entgeltgestaltung zu erhöhen, Diskriminierung, insbesondere aufgrund des Geschlechts, zu bekämpfen und gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit zu fördern.
Die Verpflichtungen dieses Gesetzes betreffen vor allem Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten, die bestimmte Regelungen zur Förderung der Entgelttransparenz umsetzen müssen. Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Auskünfte über die Entgeltstrukturen im Unternehmen zu erhalten.
Die Angabe von Gehaltsspannen in Stellenanzeigen betrifft dies nur indirekt, denn sie ist weiterhin eine unternehmensspezifische Entscheidung. Einige Unternehmen geben bereits Gehaltsspannen an, um Transparenz zu fördern und potenziellen Bewerbenden schon zu Beginn des Bewerbungsprozesses eine bessere Vorstellung von der Vergütung zu geben. Andere tun dies aus Wettbewerbsgründen oder als Teil ihrer Recruiting-Strategie. Wie ist das bei euch aus? Gebt ihr in euren Stellenanzeigen das Gehalt an?
Gegenargumente
Natürlich gibt es Gründe, die dagegen sprechen, die Gehaltsspanne in Stellenanzeigen anzugeben. Manch ein Unternehmen befürchtet, die Offenlegung von Gehältern könnte seine Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen, da die Konkurrenz Einblicke in die Vergütungsstruktur erhalten könnte.
Andere Unternehmen möchten Spielraum für individuelle Gehaltsverhandlungen behalten, um auf die Qualifikationen und Erfahrungen der Bewerbenden angemessen reagieren zu können. Auch sehen einige die Gefahr, dass Bewerbende sich ausschließlich auf die finanziellen Aspekte konzentrieren und andere wichtige Faktoren, wie die Unternehmenskultur oder die Entwicklungsmöglichkeiten, vernachlässigen. Vermeintlich ziehen Bewerbende dann eine Position nur aufgrund des Gehalts in Betracht, ohne die Stellenbeschreibung im Ganzen zu sehen.
Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, die Risiken der Verschleierung von Gehaltsinformationen im Blick zu haben. Unternehmen, die ihre Gehälter in den Stellenanzeigen nicht angeben, riskieren, Bewerbende zu verlieren, die sich von intransparenten Praktiken abgeschreckt fühlen. Deine Stellenanzeige könnte dadurch weniger qualifizierte Bewerbungen erhalten und du würdest im Verlauf des Bewerbungsprozesses deinen Fokus vielleicht zu sehr auf Bewerbende legen, die mit deinen Konditionen eigentlich gar nicht einverstanden sind.
Effizienz
Aber: Unsere Zeit ist kostbar. Und du als Recruiter weißt besser als jede:r andere, wie zeitaufwändig ein Auswahlprozess sein kann. Um Zeit und Ressourcen zu sparen, kannst du in deinen Stellenanzeigen Gehaltsspannen angeben. Mögliche Folgen: Abbruchraten im Bewerbungsprozess werden minimiert und du bekommst weniger Bewerbungen von Personen, die nicht in dein Gehaltsgefüge passen. Und das ist doch schon mal was!
Bewerbende können so schon vorab entscheiden, ob sie mit den gebotenen Konditionen einverstanden sind. Darüber hinaus honorieren Algorithmen die Gehaltsangabe mit besserer Auffindbarkeit. Das Ergebnis ist eine höhere Bewerberzahl. So kannst du deine Zeit und Energie in Gespräche und Tests stecken, die deinen Recruitingprozess tatsächlich voranbringen.
Vertrauen
Ein entscheidender Faktor im Verhältnis zwischen Unternehmen und Bewerbenden ist Vertrauen. Gehaltstransparenz kann zur Vertrauensbildung beitragen. Wenn potenzielle Kandidat:innen wissen, dass du von Anfang an ehrlich, offen und fair bist, schaffst du eine solide Grundlage für eure zukünftige Zusammenarbeit. Ihr könnt auf Augenhöhe kommunizieren und mögliche Missverständnisse vermeiden.
Unternehmen, die Gehaltsangaben in ihren Stellenanzeigen machen, zeigen, dass sie die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Mitarbeitenden ernst nehmen. Dies fördert die Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden und stärkt dein Employer Branding.
Best Practices
Du weißt jetzt, warum Gehaltsangaben wichtig sind und welche Vorteile sie bieten. Lass uns nun darüber sprechen, wie man sie am besten in Stellenanzeigen einsetzt. Es gibt ein paar Dinge, die du beachten solltest:
- Sei ehrlich. Wenn das Gehalt festgelegt ist, gib eine passende Gehaltsspanne an. Wenn es verhandelbar ist, dann sag das auch.
- Überlege gut, wo du die Gehaltsangabe platzierst. Es ist oft klug, sie früh in der Anzeige zu erwähnen, damit die Bewerbenden sofort wissen, woran sie sind.
- Sei konkret. Anstatt zu sagen, „attraktives Gehalt“, sag lieber: „Gehalt zwischen X und Y Euro“. Das gibt den Bewerbenden eine bessere Vorstellung davon, was sie erwarten können.
Blick in die Zukunft
Schließlich lohnt es sich, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Die Tendenz zur Gehaltstransparenz nimmt weltweit zu. Die Angabe des Gehalts wird mehr und mehr zum Standard und Gesetzgebungen in verschiedenen Ländern unterstützen diesen Trend. Für dich als Personalentscheider:in ist es wichtig, die Entwicklungen in deiner Branche aufmerksam zu verfolgen und zu überlegen, wie du Gehaltstransparenz in dein Rekrutierungsverfahren integrieren kannst.
Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen ist nicht nur ein Vorteil für Bewerbende, sondern auch für Unternehmen. Es spart Zeit, erhöht die Qualität der Bewerbungen, stärkt das Vertrauen und fördert eine positive Unternehmenskultur. Betrachte die Bereitstellung von Gehaltsangaben als einen Schritt in Richtung erfolgreicher Rekrutierung und Mitarbeiterbindung.
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