In einer sich stetig wandelnden Arbeitswelt, die geprägt ist von Begriffen wie „New Work“ und „Arbeit 4.0“, eröffnen innovative Arbeitsmodelle neue Perspektiven für Fachkräfte und Unternehmen gleichermaßen. Ein besonders vielversprechendes Konzept, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist das Jobsharing – die zeitliche oder funktionale Teilung einer Position zwischen zwei oder mehr Mitarbeitenden.
In diesem Beitrag liefern wir dir eine umfassende Definition des Konzepts, werfen einen Blick auf seine Vor- und Nachteile, stellen verschiedene Modelle vor und zeigen dir anhand ausgewählter Best Practices, wie einige namhafte Unternehmen Jobsharing bereits erfolgreich in der Praxis anwenden.
Definition: Was ist Jobsharing überhaupt?
Jobsharing ist ein flexibles Arbeitsmodell, bei dem zwei oder mehr Mitarbeitende sich eine Vollzeitstelle teilen, indem sie ihre Arbeitszeiten und Verantwortlichkeiten miteinander kombinieren. In Deutschland bildet der Paragraf 13 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) die gesetzliche Grundlage für die Umsetzung von Jobsharing. Er regelt die Voraussetzungen und Prozesse für die Vereinbarung von Teilzeitarbeit.
Jobsharing, als eine Form der Teilzeitarbeit, kann demnach gemäß § 13 TzBfG zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmenden vertraglich vereinbart werden. Damit werden eine rechtliche Absicherung ermöglicht und die Rahmenbedingungen für die Aufteilung von Arbeitszeit und Verantwortlichkeiten zwischen den teilenden Mitarbeitenden definiert.
So funktioniert das
Die konkrete Ausgestaltung kann flexibel erfolgen, abhängig von den Bedürfnissen der Jobsharer und den Anforderungen des Unternehmens. Bei der Umsetzung gibt es ein paar wichtige Punkte zu beachten:
- Vereinbarung und Planung:
Die Jobsharer müssen sich darüber einig sein, wie sie die Arbeitszeit aufteilen und welche Verantwortlichkeiten jede:r übernimmt. Sie sollten eine detaillierte Planung erstellen, um zu gewährleisten, dass die Arbeitseffizienz und Kontinuität der einer regulären Vollzeitstelle mindestens gewahrt bleibt. - Klare Kommunikation:
Eine offene und klare Kommunikation zwischen den Jobsharern ist ebenfalls entscheidend. Regelmäßige Absprachen sind wichtig, damit beide Parteien jederzeit auf dem gleichen Informationsstand sind. - Absprachen mit dem Arbeitgeber:
Nicht nur untereinander, sondern auch mit dem Arbeitgeber sollten die Jobsharer klare Absprachen treffen. Hierzu gehören die genaue Festlegung der Arbeitszeiten, die jeweiligen Aufgabenbereiche und die zu verwendenden Kommunikationswege. - Dokumentation und Flexibilität:
Um eventuelle Unklarheiten zu vermeiden, ist eine klare Dokumentation der Vereinbarungen ist wichtig. Gleichzeitig sollte das Modell flexibel genug sein, um auf Veränderungen in den Arbeitsanforderungen oder persönlichen Umständen der Jobsharer reagieren zu können. - Technologische Unterstützung:
Moderne Technologien wie gemeinsame Kalender, Cloud-basierte Plattformen und Kommunikationstools können die Zusammenarbeit erleichtern und den Informationsaustausch verbessern. - Kontinuierliche Evaluation:
Die Jobsharer sollten die Arbeitsweise regelmäßig evaluieren und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen, um sicherzustellen, dass die Ziele erreicht werden und alle Beteiligten zufrieden sind.
Was ist gut am Jobsharing?
Schauen wir uns mal genauer an, warum sich immer mehr Menschen für Jobsharing entscheiden. Dafür nehmen wir die Vorteile dieses flexiblen Arbeitsmodells für Arbeitnehmer:innen, Arbeitgeber und das Team im Allgemeinen genauer unter die Lupe. Im Folgenden wird deutlich, warum Jobsharing für immer mehr moderne Arbeitskräfte eine immer attraktivere Option wird.
Vorteile für Arbeitnehmende:
Menschen, denen es schwerfällt, in Vollzeit-Positionen Familie und Karriere zu vereinbaren, oder die sich grundsätzlich mehr Zeit für außerberufliche Themen wünschen – z. B. zur Freizeitgestaltung oder für ein Ehrenamt –, eröffnet Jobsharing die Chance, auch in Teilzeit verantwortungsvolle Positionen zu übernehmen. So wird eine verbesserte Work-Life-Balance der Jobsharer unterstützt, ohne dass ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Die Folge: Die Gefahr von Stress und Burnout werden verringert. Auch muss, wer eine Reduzierung der Arbeitszeit anstrebt, dank Jobsharing nicht befürchten, die Position zu verlieren, sollte der Job in weniger Stunden nicht zu schaffen sein, denn die Arbeit kann dann von mehreren Personen getragen werden.
Vorteile für Unternehmen:
Die Vorteile von Jobsharing für Unternehmen sind ebenfalls vielfältig. Die Zusammenarbeit zweier Mitarbeiter:innen in einer Position ermöglicht die Nutzung unterschiedlicher Kompetenzen, was zu doppelt so vielen Ideen, gebündelten Fähigkeiten und Talenten führen kann. Die Einbeziehung von zwei unterschiedlichen Blickwinkeln ermöglicht eine bessere Reflexion sowie fundiertere Entscheidungen. Zudem gewährleistet Jobsharing im Krankheits- oder Urlaubsfall eine kontinuierliche Präsenz und stellt sicher, dass immer eine Ansprechperson für Mitarbeitende und Kund:innen erreichbar ist.
Vorteile fürs Team:
Teilen sich mehrere Personen eine leitende Position, kann dies die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im Team steigern. Infolge dynamischer Zusammenarbeit kann ein unterstützendes und kooperatives Arbeitsklima entstehen, da Verantwortlichkeiten geteilt werden und nicht nur auf einem Paar Schultern lasten. Durch das gemeinsame Know-how der Jobsharer können die Arbeit insgesamt effizienter erledigt und Ressourcen klug genutzt werden, und das kann wiederum dazu beitragen, dass die Produktivität am Arbeitsplatz steigt.
Gibt es auch Nachteile beim Jobsharing?
Jobsharing bietet also zweifellos einige Vorteile, aber für eine umfassende Prüfung, ob es das für alle Beteiligten passende Arbeitsmodell ist, ist es empfehlenswert, auch potentielle Nachteile zu bedenken.
So stehen Arbeitnehmer:innen im Jobsharing vor neuen Herausforderungen in der Kommunikation und der klaren Aufteilung der Verantwortlichkeiten. Die involvierten Unternehmen sehen sich eventuell mit erhöhten Kosten für Arbeitsmittel (z. B. Anschaffung mehrerer Laptops, Smartphones und mehr Büromaterial) und mehr Verwaltungsaufwand im Personalwesen konfrontiert.
Für betroffene Teams könnte Jobsharing zu einer Lücke in der Kontinuität, zu aufwändigen Abstimmungsrunden und potenziellen Uneinigkeiten in Entscheidungsprozessen führen. Die sorgfältige Abwägung von Vor- und Nachteilen ist daher entscheidend, um sicherzustellen, dass die Einführung von Jobsharing gut durchdacht und effektiv umgesetzt wird.
Jobsharing-Modelle im Überblick
Aber welches Modell ist denn nun das richtige? Die Auswahl des passenden Jobsharing-Modells hängt von verschiedenen Faktoren ab und kann individuell je nach den Bedürfnissen der beteiligten Parteien und den Anforderungen der Position variieren. So kommt es unter anderem auf die Anforderungen der Position, den Grad der gewünschten Flexibilität, die Kultur und Struktur des Unternehmens sowie die persönlichen Präferenzen der Jobsharer an. Folgende Jobsharing-Modelle haben sich etabliert:
- Job-Splitting:
Die gängigste Form des Jobsharings ist das Job-Splitting, bei dem Mitarbeitende sich sowohl Arbeitszeit als auch Aufgaben gleichwertig teilen. Dabei agieren sie unabhängig voneinander. Bei Ausscheiden eines Mitarbeitenden ist das Unternehmen dafür verantwortlich, entsprechenden Ersatz zu finden. Die andere(n) Person(en) arbeiten wie zuvor weiter. - Job-Pairing:
Beim Job-Pairing stimmen sich die Mitarbeitenden eng miteinander ab, wenn es um die Aufgabenverteilung und -bearbeitung geht. Sie agieren als Team und entscheiden gemeinsam. Der Arbeitsvertrag ist nur im Ganzen von allen Parteien kündbar. - Top-Sharing:
Auch in der Führungsetage ist Jobsharing in Form von Top-Sharing möglich. Hierbei teilen sich die Führungskräfte die Verantwortung für strategische Entscheidungen sowie die Mitarbeiterführung. Im Vorfeld sollten die Führungskräfte abstimmen, ob sie für alle Belange gleichwertig oder geteilt verantwortlich sind. - Peer-Tandem:
Ist eine Schlüsselposition besonders schwer zu besetzen oder verlangt vielseitige Kompetenzen, so kann man dieser gegebenenfalls mit einem Peer-Tandem gerecht werden. Bei dieser Form des Jobsharings ergänzen sich Fachkräfte gegenseitig mit ihrem unterschiedlichen Know-how. - Succession-/Legacy-Tandem:
Ist eine Nachfolge auf lange Sicht absehbar, so bietet sich die Jobsharing-Möglichkeit eines Succession-/Legacy-Tandems an. Neue Nachwuchskräfte werden in diesem Modell von zeitnah ausscheidenden Mitarbeitenden eingearbeitet. Grundsätzlich eignet sich diese Variante fürs Onboarding. - Crossfunctional-/Crosscompany-Tandem:
Diese Form des Jobsharings verfolgt das Ziel, Arbeitskräfte aus zwei Betrieben in Schnittstellenfunktionen einzusetzen und dadurch förderliche Synergien zu schaffen. Das Crossfunctional-/Crosscompany-Tandem wird beispielsweise zwischen Mutter- und Tochterunternehmen eingesetzt.
Welche Branchen eignen sich für Jobsharing?
Besonders in Führungspositionen, bei komplexen Aufgaben, in der IT, im Marketing, in der Beratung, der Pflege und bei Ärzten in Arztpraxen eröffnet Jobsharing neue Möglichkeiten. Schauen wir genauer hin, in welchen Arbeitsfeldern und Branchen dieses flexible Modell besonders erfolgreich eingesetzt wird.
- In Berufen mit komplexen Aufgaben, wie beispielsweise in der Forschung und Entwicklung oder im Ingenieurwesen, bietet Jobsharing die Möglichkeit, Expertise zu bündeln und kreative Lösungen zu entwickeln.
- In der IT-Branche, die oft von flexiblen Projekten und kontinuierlichem Fortschritt geprägt ist, ist Jobsharing beliebt. Es ermöglicht, den raschen Wandel effektiv zu bewältigen und die Vielfalt der benötigten Fähigkeiten zu kombinieren.
- Im Marketing, wo Kreativität und Vielseitigkeit gefragt sind, erlaubt Jobsharing eine ausgewogene Abdeckung von strategischer Planung, Umsetzung und Analyse.
- In der Beratungsbranche ermöglicht Jobsharing eine umfassende Betreuung von Kunden und Projekten. Es fördert zudem einen breiteren Blickwinkel und Ideenaustausch.
- In der Pflege, wo Schichtarbeit und hohe emotionale Belastung üblich sind, kann Jobsharing dazu beitragen, die Arbeitslast zu verteilen und die Kontinuität der Versorgung sicherzustellen.
- In Arztpraxen bietet Jobsharing Ärzten die Möglichkeit, flexible Arbeitszeiten beizubehalten und dennoch eine umfassende Versorgung der Patienten sicherzustellen.
Jobsharing hat in diesen Branchen gezeigt, dass es nicht nur die Work-Life-Balance verbessern kann, sondern auch zu kreativeren Lösungsansätzen und einer effizienteren Aufgabenbewältigung beiträgt.
Erfolgsgeschichten
Dass die Teilung einer (Führungs-)Position funktionieren kann, zeigen einige namhafte Unternehmen bereits sehr erfolgreich. Besonders in großen Unternehmen sind Teilzeitmodelle für Führungskräfte inzwischen weit verbreitet. Laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur berichtete das Unternehmen Bosch im Sommer 2023 von 1500 Teilzeit-Führungskräften und Mercedes-Benz und Daimler Truck nutzten Job-Tandems mittlerweile auf verschiedenen Ebenen.
Bei Bosch Power Tools sind es Ina Skultety und Isabell Kormos, die nach außen als eine Person wahrgenommen werden, da sie sich nicht nur die Position des Global Expertise Owners, sondern auch eine E-Mail-Adresse, einen Kalender und eine Verantwortung teilen.
Der Südwestrundfunk (SWR) geht ebenfalls seit geraumer Zeit mit gutem Beispiel voran und schreibt viele seiner freien Stellen als „teilbar“ aus. Die bisher bedeutendste Jobsharing-Erfolgsgeschichte des Rundfunksenders begann im September 2020, als Alexandra Köth und Katrin Neukamm gemeinsam die Führung des Justiziariats übernahmen und sich von da an den Job der Justitiarin im Top-Sharing-Tandem teilten. Ende 2022 übernahm Frauke Pieper den Platz von Katrin Neukamm und bildet seither mit Alexandra Köth das Führungsduo des Justiziariats.
Während es in den vorhergehenden Beispielen ausschließlich Frauen sind, die sich für die geteilte Position entschieden haben, ist die beispielhafte Doppelspitze bei der edding AG etwas heterogener. Seit März 2022 teilen sich Fränzi Kühne und Boontham Temaismithi (die Gründer:innen der Kreativagentur TLGG) den Posten des Chief Digital Officers – und dass dies sogar auf Vorstandsebene geschieht, ist für alle Beteiligten neu.
Fazit
Es zeigt sich, dass Jobsharing eine innovative und flexible Arbeitsform ist, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglicht. Die Möglichkeit, sich einen Vollzeitjob zu teilen, eröffnet nicht nur individuellen Mitarbeitenden neue Perspektiven, sondern bietet in einer Zeit des Fachkräftemangels auch für Unternehmen Vorteile in Bezug auf Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit.
Nicht jeder ist für die gemeinsame Ausübung einer (Führungs-)Position im Tandem geeignet. Jobsharing erfordert bestimmte Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten. Kompromissbereitschaft, die Fähigkeit, einen gemeinsamen Nenner zu finden, sowie ein starkes Vertrauensverhältnis zwischen den Jobsharern sind die Basis, die einen geteilten Job erfolgreich machen. Diese Soft Skills tragen dazu bei, potenzielle Herausforderungen zu bewältigen und eine reibungslose Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Die Entwicklung von Plattformen wie „PairToShare“ (deutsche Jobsharing-Plattform), „Twise“ (speziell für Frauen), „Jobtwins“ (Österreich) und „We Jobshare“ (Schweiz) unterstreicht den wachsenden Bedarf an strukturierten und effizienten Lösungen für die Vermittlung von Jobsharing-Partnern. Diese Plattformen bieten eine digitale Infrastruktur, um Jobsharer zusammenzubringen und den Prozess der Jobteilung zu erleichtern.
Insgesamt wird Jobsharing zunehmend als eine Antwort auf die Bedürfnisse moderner Arbeitskräfte und die Anforderungen an eine ausgewogene Work-Life-Balance gesehen. Mit den richtigen Voraussetzungen und unterstützenden Arbeitgebern, Teammitgliedern und digitalen Hilfsmitteln kann Jobsharing eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten schaffen.